Sonntag, 16. Mai 2010

OLG München zu "Altfällen" des bisherigen Kapitalersatzrechts

Das OLG München (Urteil vom 05.05.2010 - 7 U 4134/09) hat sich zu der Frage des Anwendungsbereichs der bisherigen Regelungen zu den kapitalersetzenden Darlehen geäußert. Es ging u.a. um die Rückzahlung von Darlehensverbindlichkeiten von Ende 2006 bis Beginn des Jahres 2009, welche nun klageweise geltend gemacht wurden. Die Beklagte wandte hiergegen unter anderem ein, dass der Rückzahlung aufgrund des kapitalersetzenden Charakters des Darlehens die bisherigen §§ 30, 31, 32a GmbHG entgegenstehen würden.

Das OLG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass auf den vorliegenden Fall stattdessen neues Recht und damit auch § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. anwendbar sei: "Fortan gibt es folgenden Dualismus: „Altfälle“ sind solche, in denen vor dem Stichtag 1.11.2008 das Insolvenzverfahren über die Gesellschaft eröffnet wurde. Für sie gilt das alte Recht (Artikel 103 d EGInsO) einschließlich der sogenannten „Rechtsprechungsregeln“. Das neue Recht ist anwendbar, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nach dem Stichtag 1.11.2008 eröffnet wurde. [...] Vorliegend ist über die Gesellschaft das Insolvenzverfahren noch gar nicht eröffnet worden, so dass hier ausschließlich das neue Recht anwendbar ist."

Hierbei verweist das Gericht auf die bisher zu der Frage der Fortegltung bisherigen Rechts ergangene BGH-Rechtsprechung (abgedr. in NJW 2009, 1277). Jedoch kann die seitens des OLG aufgestellte Regel, dass neues Recht immer dann gelte, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 1.11.2008 eröffnet wird, nicht überzeugen. Denn eine der wichtigsten Fragestellungen - die seitens des BGH bislang nicht entschieden wurde - ist die Frage welche Rolle der Zeitpunkt der Vornahme der betreffenden Rechtshandlung hierbei spielt. Insbesondere ist offen, ob ausschließlich neues Recht auch dann gelten soll, wenn zwar das Insolvenzverfahren erst nach dem 1.11.2008 eröffnet wurde, die Darlehensrückzahlung aber bereits vor diesem Stichtag erfolgte. In solchen Fällen sprechen meines Erachtens nach bessere Gründe dafür, weiterhin die bisherigen Rechtsprechungsregeln anzuwenden. Andernfalls würden bereits entstandene Rückzahlungsansprüche nachträglich wieder entfallen obwohl § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F. eine derartige Rückwirkung gerade nicht zukommt.
Vorliegend wäre die - begehrte - Rückzahlung nach dem 1.11.2008 erfolgt, weshalb dem OLG München im Ergebnis aber zuzustimmen ist. Es bleibt abzuwarten, wie die soeben beschriebene Problematik höchstrichterlich gelöst werden wird.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Kann eine in England bereits gelöschte Ltd. in Deutschland verklagt werden?

Das Kammergericht (8 U 34/09) hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob denn eine englische Ltd. nach ihrer Löschung im englischen Gesellschaftsregister in Deutschland dennoch weiterhin parteifähig ist. Diese Frage ist in der Praxis von Bedeutung, da viele Gesellschafter ihren Publizitätspflichten nach englischem Recht nicht nachkommen, da sie ausschließlich in Deutschland tätig sind und sich nicht an die insoweit strengen Fristen des englischen Handelsregisters beim Companies House halten. Insbesondere besteht bei vielen Gesellschaftern und Geschäftsführern Unsicherheit wie sie die englischen Jahresabschlüsse zu erstellen haben, weshalb diese dann gar nicht oder deutlich zu spät eingereicht werden.

Das KG kam zu folgendem Ergebnis: "Eine nach englischem Recht gegründete Limited ist nach der nach englischem Recht durchgeführten Löschung und Auflösung für Prozesse im Inland nicht mehr passiv parteifähig, wenn sie im Inland kein Vermögen mehr hat."

Das Gericht erläutert, dass die Beendigung einer Gesellschaft aufgrund der Löschung im Gesellschaftsregister nach englischem Recht zur Folge habe, dass bestehendes Vermögen der Gesellschaft im Wege der Legalokkupation nach sec. 654 CA 1985 auf die englische Krone übergehe. Davon sei jedoch nach dem Territorialitätsprinzip nur das in England belegene Vermögen der Gesellschaft betroffen, nicht Vermögen im Ausland. Bestehe demnach weiterhin im Ausland belegenes Vermögen, so bleibe trotz der Löschung und Auflösung der Ltd. die Gesellschaft in Deutschland als Restgesellschaft bestehen. Insoweit bleibe sie auch parteifähig im Sinne des § 50 ZPO. im konkreten Fall verneinte das Gericht jedoch das Bestehen von Vermögen innerhalb Deutschlands.

Praktische Folge ist demnach, dass die Löschung in England nicht dazu führt, dass der Ltd. nun in Deutschland nicht mehr parteifähig ist, wenn sie noch über in Deutschland belegenes Vermögen verfügt. Dies mag in der Praxis auch noch häufiger der Fall sein, da manche Gesellschafter ihren Publizitätspflichten zwar nicht nachkommen, dennoch aber in Deutschland den Geschäftsbetrieb der Ltd. noch weiterführen.

Eine Zusammenfassung des Urteils findet sich auch in der GmbHR 2010, R69-R70.

Sonntag, 21. Februar 2010

Übersicht über die GmbH-Reform inkl. Unternehmergesellschaft (Gratis-pdf)

Über haufe.de lässt sich ein 23-seitiger - sehr übersichtlicher - Beitrag zu den wichtigsten Änderungen der GmbH und zu der neuen Unternehmergesellschaft UG herunterladen.

Für alle, die sich einen ersten Überblick verschaffen wollen: pdf-link

Recht der Gesellschafterdarlehen in Polen

In der aktuellen Ausgabe der WiRO (Wirtschaft und Recht in Osteuropa) befasst sich Rechtsanwalt Maciej Miedziejko unter dem Titel "Gesellschafterdarlehen im polnischen Gesellschaftsrecht" auf S. 41 ff. mit den rechtlichen Konsequenzen der Gesellschafterfremdfinanzierung.

Der Autor zeigt zunächst Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutschen §§ 32a, 32b GmbHG und des polnischen Art. 14 § 3 des polnischen Gesetzes über die Handelsgesellschaften auf. Anders als - bislang - das deutsche Recht, hat sich der polnische Gesetzgeber von Beginn an für eine rechtsformübergreifende Erfassung von Gesellschafterdarlehen entschieden. So richtet sich Art. 14 § 3 nicht nur an die GmbH sondern auch an die polnische Aktiengesellschaft. Weitere Unterschiede bestehen hinsichtlich des Adressatenkreises und der Tatsache, dass der polnische Gesetzgeber nur Darlehen und nicht vergleichbare Rechtshandlungen einer Sonderbehandlung unterzieht.
Sodann untersucht der Autor anhand kritischer Fallgruppen (Zahlung des Darlehens nach Eintritt der Insolvenz, Rückgewähr bereits gezahlter Darlehen, Einbeziehung Dritter etc.) die in der polnischen Praxis relevanten Streitfragen. Insbesondere wird das Problem der Privilegierung anderer - von der gesetzlichen Regelung in Art. 14 § 3 nicht erfasster - Finanzierungsinstrumente dargelegt und nachvollziehbar für eine Erfassung wirtschaftlich vergleichbarer Finanzierungsarten plädiert. Ein Problempunkt der seit jeher auch im deutschen Recht kritisch diskutiert wurde und nunmehr trotz der (teilweisen) gesetzlichen Regelung in § 135 Abs. 3 InsO weiterhin im Fluss ist.

Ein lesenswerter Beitrag der einmal mehr zeigt, dass die Problempunkte der Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen in ähnlicher Weise auch in anderen Jurisdiktionen diskutiert werden.

Bezüglich einiger der Streitfragen, die im Rahmen der kapitalersetzenden Nutzungsüberlassung auftauchen, ist zudem kürzlich ein neuer Aufsatz in der GmbHR 2010, S. 179 ff. erschienen.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Unternehmergesellschaft: Umfrage der IHK Bonn/Rhein-Sieg unter Gründern

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg hat die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter Gründern zur neuen Unternehmergesellschaft (UG) veröffentlicht.
"Die Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist sowohl von Gründerseite als auch von Kundenseite gut angenommen worden", heißt es dort. Weiter hätten zwei Drittel der Gründer die UG einer GmbH vorgezogen, ein Drittel habe sie als Alternative zur Limited gewählt.

Interessant sind vor allem auch die Ergebnisse zum Gründungsverfahren: 60 Prozent der Gründer haben die neue Mustersatzung verwendet. Damit ist das angestrebte Ziel des Gesetzgebers, potentiellen Gründern eine schnelle und einfache Gründungsmöglichkeit durch eine Mustersatzung zu ermöglichen, offenbar erreicht worden. Allerdings steht zu befürchten, dass dieser vermeintlich leichtere Weg oftmals nicht die beste Wahl aus Perspektive der Gesellschafter ist. Das Musterprotokoll regelt nur sehr fragmentarisch die Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern und so bleiben - an den konkreten Bedürfnissen ausgerichtete - wichtige Vereinbarungen außen vor. Ein individueller Gesellschaftsvertrag kann für die nötige Rechtssicherheit und Transparenz zwischen den Gesellschaftern sorgen, die bei sonstigen schuldrechtlichen Vereinbarungen untereinander sehr häufig nicht gegeben ist.

Die überweigende Zahl der Gründer verlässt sich bei der Gründung der UG nicht auf sich selbst, laut der Umfrage habe in über 70 Prozent der Fälle eine notarielle Beratung stattgefunden.

Ebenfalls hat die Umfrage zu dem Ergebnis geführt, dass immerhin ein Drittel der Befragten von Vorbehalten seitens des Rechtsverkehrs gegenüber der neuen Rechtsform zu berichten weiß. Dies überrascht nicht, denn es war zu erwarten, dass die Akzeptanz der UG - gerade bei bei Banken - nicht wesentlich besser sein würde als die englischen Ltd.

Ein weiterer Befund spricht für das neue gesetzgeberische Konzept des "Ansparens" von Kapital bis auf das erforderliche Mindeststammkapital der "regulären" GmbH: "Fast 90 Prozent aller befragten Gründer planen eine Umwandlung zur GmbH, wenn sie das dafür notwendige Stammkapital von 25.000 Euro angespart haben."

Quelle: IHK Bonn/Rhein-Sieg


 
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