Dienstag, 29. Dezember 2009

Überblick 1 Jahr MoMiG

Nach einem Jahr MoMiG gibt Thomas Wachter in Status Recht einen prägnanten Überblick über einige der Streitfragen, mit denen sich die Rechtsprechung bereits auseinandergesetzt hat. Neben den umstrittenen Fragen im Bereich der Vertretungsregelung im neuen Musterprotokoll wird auf die Gesellschafterliste (Nummerierung, Form, Unterschrift, Ausgestaltung der Notarbescheinigung) und die Anforderungen an Geschäftsführer (Inhalt der Versicherungen bei der Handelsregisteranmeldung, Aufführung von Bestellungshindernissen) sowie Fragen der inländischen Geschäftsanschrift eingegangen. Ein lesenswerter Artikel um sich in der bereits ergangenen Rechtsprechung zu orientieren.

Quelle: SR (Heft 11) "1 Jahr MoMiG - eine Erfolgsgeschichte?!"


Nicht in dem Artikel angesprochen, aber ebenfalls von großer Bedeutung, sind die neuen Auslegungsfragen im Rahmen des § 64 GmbHG. Mit diesen setzt Ulrich Haas sich in der jetzt erschienenen ersten Ausgabe der GmbHR 2010 detailliert auseinander (S. 1 - 8). Er erörtert insbesondere wie sich die - umstrittene - Frage des Entstehungszeitpunktes eine Anspruchs aus § 64 Satz 1 oder auch aus Satz 3 auf die Praxis auswirken. Bei den Auswirkungen dieser Frage auf Insolvenzverfahren über das Vermögen von Auslandsgesellschaften wird hierbei nachvollziehbar zwischen der Zuständigkeit und Fragen des anwendbaren Rechts unterschieden. Weiter wird auf die umstrittenen Fragen des Zahlungsbegriffs eingegangen und hinterfragt inwieweit sich verbleibende Lücken etwas durch Anwendung des Deliktsrechts schließen lassen.

Ein toller Beitrag zu den schwierigen Fragen des § 64 GmbHG in seiner neuen Fassung. Auch im Rahmen der Finanzierung mittels Gesellschafterdarlehen nimmt diese Norm eine zentrale Rolle ein, da sie anders als die neue Fassung des § 30 Abs. 1 GmbHG in der Lage ist, Auszahlungen an Gesellschafter zu verhindern (§ 64 Satz 3 GmbHG) wenn diese ihre Darlehensforderung geltend machen wollen. Der praktische Anwendungsbereich des § 64 GmbHG ist daher auch für die Frage wichtig, inwieweit Gesellschafter trotz Bestehens eines Rückzahlungsanspruchs auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht befriedigt werden dürfen.

Quelle: "Aktuelle Fragen zur Krisenhaftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 GmbHG" in: GmbHR 2010, 1ff.

Samstag, 19. Dezember 2009

Kein Fortschritt bei der Europäischen Privatgesellschaft (EPG)

Der Europäische Wettbewerbsfähigkeitsrat ist bei seiner Tagung am 3. und 4.12.2009 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vorschlag für eine Verordnung des Rates über ein Statut der Europäischen Privatgesellschaft nochmals überarbeitet werden solle. In der englischen Pressemitteilung (via beck blog) auf Seite 24 heißt es dazu:

"Since the unanimity needed for an agreement was not reached, the Council noted that furter work is required on the proposal aimed at establishing the legal form for the European private company (also called "Societas Privata Europaea" or "SPE")."

Offenbar war keine Einigung in der Frage des Mindestkapitals und der Mitbestimmung zu erzielen gewesen. Damit wird sich die Einführung dieser neuen Gesellschaftsform weiter verzögern.

Hier findet sich die Meldung des beck blog nebst einer übersichtlichen Darstellung der Entwicklungsgeschichte.

Ein interessanter Artikel zu der EPG findet sich auch in der neuen Ausgabe von Staus Recht von RA Dr. Wilhelm Niemeier, der sich mit der Frage beschäftigt: "Erneut gescheitert: muss die Europäische Privatgesellschaft neu positioniert werden?"

Starke Popularität der neuen Unternehmergesellschaft (UG)

Nachdem die englische private company limited by shares im Wettbewerb der Gesellschaftsformen über lange Zeit als Hauptkonkurrentin der deutschen GmbH wahrgenommen wurde, entwickelt sich die neu eingeführte Unternehmergesellschaft mehr und mehr zum Erfolgsmodell.

Aktuelle Zahlen zu der neuen Gesellschaftsform bietet das "Forschungsprojekt Unternehmergesellschaft" der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Aufgeschlüsselt nach Bundesländern lassen sich dort die Zahl der im Handelsregister eingetragenen Unternehmergesellschaften ablesen. Insgesamt sind derzeit (Stichtag: 27.11.2009) 21.180 Unternehmergesellschaften registriert. Die Gesamtzahl der im Handelsregister eingetragenen Kommanditgesellschaften mit einer Unternehmergesellschaft als Komplementär beläuft sich auf 1.171.

Dies stellt einen enormen Anstieg dar, wenn man berücksichtigt, dass die Anzahl der Unternehmergesellschaften beispielsweise im April diesen Jahres noch deutlich unter 10.000 lag. Offenbar ist es dem deutschen Gesetzgeber mit Einführung der UG gelungen, die Nachfrage nach einer haftungsbeschränkten Gesellschaft ohne nennenswertes Mindeststammkapital zu befriedigen.

Quelle: Forschungsprojekt Unternehmergesellschaft


Montag, 14. Dezember 2009

Kammergericht zur Firmierung der Unternehmergesellschaft & Co. KG

Das Kammergericht (1 W 244/09) hatte über die Frage zu entscheiden, ob die Firmierung als GmbH & Co. KG auch dann zulässig ist, wenn die persönliche Haftung der KG lediglich durch eine oder mehrere Unternehmergesellschaften übernommen wird. Der 1. Zivilsenat des KG kam hierbei zu folgendem Ergebnis:

"Die Firma einer Personenhandelsgesellschaft "... GmbH & Co. ..." ist unzulässig, wenn allein Unternehmergesellschaften i.S.v. § 5a Abs.1 GmbHG persönlich haften."

Der Senat stellt hierbei maßgeblich auf das Informationsbedürfnis des Rechtsverkehrs ab:
"Aus der die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Bezeichnung nach § 19 Abs. 2 HGB muss sich ergeben, um welche Art von Gesellschaft es sich bei dem persönlich Haftenden handelt. Es trifft zwar zu, dass der Firma nicht mehr die Funktion zukommt, über die Identität der persönlich haftenden Gesellschafter zu informieren, § 18 Abs. 1 HGB. Sie hat jedoch aus Gründen der Transparenz die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse für den Rechtsverkehr offen zu legen."
Daneben liege auch ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 S. 2 HGB vor, da die Firmierung ersichtlich geeignet sei darüber Irre zu führen, dass persönlich haftende Gesellschafterin der Beteiligten eine Gesellschaft i.S.v. §§ 4, 5 GmbHG sei.

Betrachtet man die Pflicht die Unternehmergesellschaft auch als solche zu bezeichnen (vgl. § 5a Abs. 1 GmbHG), d.h. sie mit dem Zusatz Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt) zu nennen, so erscheint es einleuchtend, dass im Rahmen der Firma der KG nichts anderes gelten kann. Demzufolge wäre die Bezeichnung als GmbH & Co. KG in der Tat irreführend.

Link zur Entscheidung (via Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in Kooperation mit juris)

Vertiefend sei die Urteilsbesprechung von Wachter, Firmierung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) & Co. KG in: NZG 2009, 1263 ff. empfohlen.

Wie überführe ich die englische Ltd. auf eine deutsche GmbH oder UG?

Seit Inkrafttreten des MoMiG ist mittlerweile etwas Zeit ins Land gegangen und viele Gesellschafter, die sich noch vor Inkrafttreten der Reformen für eine englische Limited anstatt einer deutschen Gesellschaftsform entschieden haben, wünschen sich nun doch wieder eine deutsche GmbH bzw. eine Unternehmergesellschaft.

Bezüglich der Frage auf welche Art und Weise sich dieser Wunsch realisieren lässt und worauf in der Praxis zu achten ist, möchte ich den aktuellen Aufsatz von Sebastian Herrler und Dr. Susanne Schneider in DStR 2009, 2433 ff., mit dem Titel "Go ahead, come back - von der Limited (zurück) zur GmbH - Zivil- und steuerrechtliche Grundlagen mit Erfahrungsbericht" empfehlen. Die Autoren geben einen prägnanten Überblick über die Möglichkeiten der Überführung des Geschäftsbetriebes, beschreiben die einzelnen Schritte im Rahmen des Verschmelzungsverfahrens und gehen insbesondere auch auf die steuerlichen Folgen ein. Gleichzeitig erläutern sie die Unterschiede zwischen der Fortführung als GmbH bzw. UG. Insgesamt eine gelungene Darstellung deren Lektüre nur empfohlen werden kann.


Samstag, 18. Juli 2009

neue Gesetze im Bereich des Unternehmensrechts

einen besonders wertvoller Beitrag findet sich im blog der Unternehmensrechtlichen Notizen: Eine übersichtliche Darstellung geplanter Gesetzesänderungen nebst zugehöriger Materialien (national und Europa) und praktischer Suchfunktion.

Link: Rechtspolitik zum Unternehmensrecht

Limited in Deutschland: Mehr Abmeldungen als Anmeldungen

ich möchte auf den interessanten Beitrag von RA Dr. Niemeier in Status Recht (S. 165) hinweisen, der sich mit aktuellen Zahlen zur englischen Ltd. in Deutschland befasst. Nicht nur fallen die Neuanmeldungen dieser Gesellschaftsform weiterhin stetig ab sondern nun sind auch erstmals mehr Abmeldungen als Anmeldungen zu verzeichnen. Zudem sind die Insolvenzen der Ltd. im April 2009 gegenüber dem Vormonat um 72,3 % angestiegen. Zu Recht unterstreicht der Autor hierbei die Rolle der deutschen UG, diese habe den bisherigen Abwärtstrend der Ldt. lediglich verschärft.

Quelle: Status Recht, Ausgabe 07-08

Sonntag, 3. Mai 2009

Thüringer Oberlandesgericht zur Anwendbarkeit des bisherigen Kapitalersatzrechts

Das Thüringer Oberlandesgericht (6 U 761/07) hat ebenfalls zur Anwendbarkeit der bisherigen Rechtsprechungsregeln Stellung genommen: Nach Ansicht des Gerichts komme das bisherige Recht auch nach Inkrafttreten des MoMiG dann weiterhin zur Anwendung, wenn sowohl die Gewährung als auch die Rückzahlung des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens vor dem 01.11.2008 erfolgt sei. Dies entspricht im Ergebnis der Rechtsprechung des BGH (siehe vorgehendes posting).

Rechtsanwalt Dr. Stefan Lammel hat sich an dieser Stelle interessante Gedanken zu einer möglichen weiteren Ausdehung dieser Rechtsprechung gemacht. Er stellt die Überlegung an, dass die Rechtsprechung es sogar genügen lassen könnte, dass nur die Darlehensgewährung vor dem 01.11.2008 erfolgte (unabhängig davon, ob das Darlehen auch vor dem 01.11.2008 zurückgezahlt wurde). Damit würde die Zahl der „Altfälle“, auf die die alten Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts doch noch anzuwenden sind, dann deutlich ausgeweitet.

Eine interessante Fragestellung und letztlich die nach den bisherigen Urteilen in der Tat noch offen gebliebene Frage zur Anwendbarkeit der bisherigen Rechtsprechungsregeln. Meines Erachtens nach dürfte einer solchen Ausdehnung des Anwendungsbereiches allerdings der Charakter des Darlehensvertrages als Dauerschuldverhältnis entgegenstehen. Maßgeblich müsste demnach auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta abzustellen sein. Es bleibt indes abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu dieser Frage noch äußern wird.

Link zum Urteil (via Dr. Schmidt Verlag)

Freitag, 30. Januar 2009

BGH-Entscheidung sorgt für Klarheit: Früheres Eigenkapitalersatzrecht auch nach Inkrafttreten des MoMiG in "Altfällen" weiterhin anwendbar

Bereits kurz nach Inkrafttreten des MoMiG hat der BGH (Urteil vom 26. Januar 2009 – II ZR 260/07 ) in einer umstrittenen Frage des MoMiG für Klarheit gesorgt:
"Der II. Zivilsenat hat nunmehr entschieden, dass schon nach dem Wortlaut dieser Übergangsvorschrift das "alte" Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt sowohl der sog. Novellenregeln (§§ 32 a, 32 b GmbHG a. F.) als auch der sog. Rechtsprechungsregeln (§§ 30, 31 GmbH a. F. analog) auf derartige "Altfälle" bei vor Inkrafttreten der Neuregelung eröffnetem Insolvenzverfahren als das seinerzeit geltende Gesetzesrecht weiterhin Anwendung findet."

Ausgangspunkt ist das Problem, dass der Gesetzgeber die Übergangsregelungen zum MoMiG im Bereich des Kapitalersatzrechtes letztlich nicht eindeutig genug formuliert hat. So bestimmt Art. 103 d EGInsO, dass auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des MoMiG am 1. November 2008 eröffnet worden sind, "die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden" sind.
Erwartungsgemäß wurde diese Formulierung unterschiedlich ausgelegt, denn die bisherigen Rechtsprechungsregeln sind eben Richterrecht und keine gesetzlichen Vorschriften.

Der Entscheidung des BGH ist nicht nur aufgrund der Schaffung von Rechtssicherheit sondern auch inhaltlich zu begrüßen, denn der Gesetzgeber hat keine Rückwirkung für das Analogieverbot des §30 Abs.1 Satz 3 GmbHG angeordnet. Auch aus Perspektive des Gläubigerschutzes ist der abgelehnte Wegfall bereits entstandener Ansprüche gegen Gesellschafter erfreulich.

Quelle: Pressemitteilung des BGH
 
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